Ein Fall von Lac lupinum |
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von Sue Spurling | |
Bei meinem ersten Zusammentreffen mit S. fühlte ich mich äußerst unbehaglich und machte zunächst einen Schritt rückwärts, als ich ihm die Tür öffnete. Er war groß und schlank, hatte lange Beine und dichtes graues Haar von mittlerer Länge. Von Beruf war er Gärtner, aber er bezeichnete sich selbst als Heiler, vor allem für Tiere. | |
S. kam wegen familiärer Probleme mit seiner achtjährigen Pflegetochter, deren manipulatives und häufig extrem explosives Verhalten die Familie zu zerstören drohte. Sie war ihren Eltern im Alter von fünf Jahren weggenommen worden und hatte seither in einer Reihe von Pflegefamilien gelebt. Er war mit der Wirkung dieser Situation auf sein eigenes Wohlbefinden beschäftigt, denn er begann depressiv zu werden. Er umschreibt das Verhalten seiner Pflegetochter mit Begriffen aus der Tierwelt: „Sie ist wie ein Tier, ein Specht, der beharrlich immer weiter klopft, bis mir der Kopf dröhnt. Sie kann nicht aufhören. Sie ist wie jemand, der im Busch lebt, sie spielt im Schmutz, sie hat etwas Animalisches. Es gibt für sie keinen Zusammenhang zwischen Tat und Konsequenz. Sogar meine Hunde trauen ihr nicht. Argwöhnisch drängen sie sie an den Rand der Terasse und versuchen, sie herunter zu schubsen. Sie hat eine „negative Energie“, als ob sie uns umbringen könnte; ich glaube, sie hat mich schon getötet. Ich fühle mich wirklich missverstanden. Früher habe ich oft mit ihr geschmust, ihr vorgelesen. Aber sie hat mich immer bei anderen in ein schlechtes Licht gesetzt, und schlecht über mich gesprochen. Einmal ließ sie sich absichtlich fallen und sagte: „Er hat versucht mich zu würgen“. Von da an habe ich sie nie wieder angefasst. Unsere Familie wird seither vom Kinderschutzamt kontrolliert. Als ich merkte, dass ich mich ständig bei meiner Frau und bei diesem Amt entschuldigen musste, habe ich mich von ihr zurückgezogen und mich mehr und mehr isoliert. Ich stehe nicht gern im Rampenlicht. Manchmal spüre ich, dass etwas Dunkles von ihr ausgeht, als ob der ganze Raum voll mit Spinnweben sei. Ich werde nicht davon ergriffen, aber ich kann die schwarze Energie um sie herum spüren. Das alles kommt wie aus heiterem Himmel, es passiert einfach, ohne dass ich es habe kommen sehen, als ob ich ohne Grund angeklagt würde. Ich bin einerseits empört, andererseits fühle ich mich aber auch verletzt, weil jede Familie, die ein Pflegekind hat, einer so strengen Kontrolle durch Sozialarbeiter und Polizei ausgesetzt ist. Man muss aufpassen, was man sagt oder tut, denn alles wird registriert. Energetisch bin ich hier, aber auch wieder nicht hier, als ob ich zwei verschiedene Leben lebte. Ich habe keine Freude mehr am Leben und fühle mich nicht mehr sicher. Innerlich bin ich wütend und frustriert, was ich an mir nicht leiden kann. Ich bin nicht ehrgeizig, aber ich möchte auch nicht unterdrückt werden. Ich will die Kontrolle über mich behalten. Früher war ich eher sanft und fürsorglich, heute bin ich hart geworden, aber nicht zu Tieren. Ich liebe es, mit ihnen zu arbeiten, sie zu heilen. Sie sind wie ein Spiegel, es ist eine wundervolle Art von Verbindung da. Ich spreche sogar mit den Tieren. Vor zwei Jahren starb ein Freund von mir und am selben Tag fand ich meinen Vater zusammengekrümmt in seinem Bett, er war im Schlaf gestorben. Ich bin froh, dass ich es war, der ihn gefunden hatte, aber es ist sehr schmerzlich für mich, dass er tot ist, ich vermisse ihn. Er war immer liebenswürdig zu allen und tat viel für andere Menschen. Als meine Mutter starb, war ich 27, von da an musste ich für mich selber sorgen.“ Schlaf und Träume Seelische Empfindsamkeit Er glaubt daran, dass die geistige Energie nach seinem Tode weiter lebt. Während er eine Frau heilte, fühlte er, dass „ein Wolf herein kam“, es war ihr Großvater. Diese Art von Erscheinungen ist nicht ungewöhnlich für ihn. Er hat ein Gespür für energetische Veränderungen, zum Beispiel während eines Besuchs der Sozialarbeiterin: „Sie (die Pflegetochter) verändert sich wie ein Wolf und das macht mich misstrauisch.“ Seine Erziehung hat ihn gelehrt, anderen gegenüber respektvoll zu sein, seinen Platz zu kennen und sich nicht hängen zu lassen. Allgemeines und Modalitäten Er ist bei jedem Wetter gern im Freien und liebt Gewitter. Er wandert gern in den Regen hinaus und beobachtet, wie der Wind die Dinge umher bläst. Er hat kein Kälteempfinden und zieht kühlere Temperaturen der Hitze vor. Er trägt den Hemdkragen gerne offen und es stört ihn nicht, wenn er ins Schwitzen kommt. Analyse und Behandlung Seine Sprache, seine Träume und sein Verhalten waren sehr animalisch und anschaulich. Früher war er witzig und schnell gewesen, aber jetzt hatte er vollkommen abgebaut. Er hatte hohe Ansprüche an seine Selbstdisziplin und wollte sich nicht herausfordern lassen, vor allem nicht von einem kleinen Mädchen, mit dem er seiner Meinung nach eigentlich leicht fertig werden sollte. Er fühlte sich entmachtet und verwirrt. Drei Aspekte waren mir bei seiner Beratung aufgefallen: 1) Meine nervöse Reaktion bei unserer ersten Begegnung, die zu einer gewissen Wachsamkeit ihm gegenüber während der Konsultation führte. Er verbreitete eine animalische Atmosphäre und er liebte es, mit seinen Hunden draußen zu sein und den Elementen zu trotzen. 2) Seine Arbeit mit „Geistern“, seine Träume, seine psychischen Fähigkeiten und seine Angst vor der „schwarzen Energie“ seiner Pflegetochter. 3) Sein großer Respekt vor seinem Vater und den Prinzipien, die er verkörperte: die Großzügigkeit und Freundlichkeit anderen gegenüber, und die Trauer über den Verlust seines Vaters. Alles deutete auf ein Milch-Mittel hin. Verordnung Ich verschrieb Lac Lupinum 1M Globuli, die er zunächst nur in der Hand hielt. Er sagte, das sei ein Gefühl, „als ob er in den Armen seiner Mutter gewiegt werde.“ Da er die Fähigkeit besitzt, seinen Gesundheitszustand selbst einzuschätzen und es liebt, die Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, kamen wir überein, dass er das Mittel nach Bedarf einnehmen solle. Follow-up Innerhalb der nächsten zwei Jahre nahm Herr S. das Mittel von Zeit zu Zeit ein, er fühlte sich wohl und schien mehr in sich selbst zu ruhen. Er wurde wesentlich ruhiger und konnte mit seiner Tochter auf eine weniger kritische Art umgehen. Die Beziehungen der Familienmitglieder untereinander verbesserten sich und die Spannung im Haus ließ nach. Foto von Chris Muiden, Wikipedia Kategorien: Allgemein |
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