de Angela Nowickipublié en Spektrum der Homoöpathie 3/2011 |
Über GewichtÜber Gewicht
Bei Übergewicht empfindet man sich unbewusst als zu leicht. Bei Untergewicht nimmt man sich als zu schwer wahr und erleichtert sich durch Verzicht auf Nahrung.
Sonnenschmidts neues Buch „Über Gewicht“ wendet sich sowohl an Therapeuten als auch an über- oder untergewichtige Patienten. Darüber hinaus sei es allen Menschen empfohlen, die mit einer tiefgehenden Sanierung ihres Körpers und einer Umstellung ihrer Lebensweise solchen und anderen ernährungsbedingten Erkrankungen beizeiten vorbeugen möchten. Und welche Erkrankungen sind nicht wenigstens zum Teil ernährungsbedingt?
Heilung hat zwei Erzfeinde: Schuld und Rezession, nämlich das Annehmen von Schuldzuweisungen und das Abgeben der Eigenverantwortung. In ihrem Buch sagt Rosina Sonnenschmidt zur Schuldfrage: „Bei der Behandlung Übergewichtiger ist von zentraler Bedeutung, die Frage ‚Wie kann man bloß?!‘ ersatzlos aus dem Bewusstsein zu eliminieren. Man(n) kann, frau kann, jeder von uns kann.“
Die Autorin ist überzeugt, dass hinter den scheinbaren psychischen Konflikten letztlich archaische bzw. biologische Konflikte zu finden sind, so dass die psychischen Konflikte ihrerseits eigentlich Konfliktlösungen darstellen. In diesem Buch verkündet sie eine revolutionäre Theorie: Übergewicht als Versuch des Körpers, sich zu erden, weil der Mensch sich zu leicht fühlt – Untergewicht als Versuch des Körpers, die Materie zu überwinden, weil der Mensch sich zu schwer fühlt. Beide Thesen erläutert sie im ersten Kapitel des Buches logisch nachvollziehbar in ihrem humorvoll-pragmatischen Stil und untermauert sie mit eingängigen Beispielen. Folgerichtig fokussiert sie sich im Fallgespräch auf den „verborgenen Schatz“ in jedem Menschen, seine innere Kreativität und Stärke.
Hier setzt die Eigenverantwortung des Patienten ein. Eine Instant-Heilung gäbe es nicht, so Sonnenschmidt: „Krankheit ist nicht das Resultat, dass man etwas falsch gemacht oder sich schuldig gemacht hat. Es ist der Ruf des höheren Selbst, reif für eine neue Bewusstseinsebene zu sein.“ Heilung ist demnach ein Wandlungsprozess. Wer glaubt, das sei allein mit ein paar „Zuckerkügelchen“ getan, ist nicht bereit zur Wandlung. Kein Arzt oder Therapeut kann einen Menschen gesund machen, wenn der Patient nicht mitmacht. Rosina Sonnenschmidt kennen wir als überzeugte Verfechterin des Prinzips der „Hilfe zur Selbsthilfe“. So befasst sich das zweite Kapitel ihres Buches zunächst einmal mit „Dysstress und Eu-stress“, also den krank machenden Mustern im Denken und in der Lebensweise des Patienten. Die Autorin hat die Erfahrung gemacht, dass Heilung wesentlich häufiger Lassen statt Tun bedeutet.
Sobald der über- oder untergewichtige Patient sich derart verstanden fühlt und bereit ist für den nicht selten langen und beschwerlichen Weg des Heilwerdens, setzt die Basistherapie ein. Sonnenschmidt hält alles von einer grundlegenden Ernährungsumstellung, doch wenig davon, mit der Tür ins Haus zu fallen, denn in der Anfangsphase ist der Patient noch zu sehr auf dieses Thema fixiert, und das bedeutet: Er hat keine Wahlmöglichkeiten. Zudem glaubt sie, dass die „fruchtbaren Samen“ in Gestalt homöopathischer Globuli nur in einem „sorgfältig vorbereiteten Boden“ optimal aufgehen können. Dazu muss der Körper zunächst von Grund auf entsäuert und entschlackt werden. Das dritte Kapitel enthält vielfältige und ausführliche Anleitungen zur Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts, der Darmsanierung und der anschließenden Hautpflege. Es ist ein großes Plus dieses Buches, dass es absolut jedem, der etwas für seine Gesundheit tun möchte, ermöglicht, diese Basistherapie sowie die anschließende Ernährungsumstellung mit relativ einfachen Mitteln selbst zu Hause durchzuführen. Es gibt keine rigorosen Verhaltensregeln, sondern appelliert an die Kreativität der Leser. Nur die Entstressung verweist sie in die fachkundigen Hände eines Kinesiologen.
Nun kann die Haupttherapie einsetzen, die sich aus einer radikalen Ernährungsumstellung und der Gabe sorgfältig ausgewählter homöopathischer Mittel zusammensetzt. Allerdings wird die Therapie schon von Anfang an mit Globuli begleitet. Die „Erfindung“ des Lusttags ist eine gute Idee. Ihr ist es wohl zu verdanken, dass die meisten Patienten so konsequent bei der Stange bleiben, bis sich das neue Essverhalten als Bedürfnis etabliert hat. Das vierte Kapitel enthält viele hilfreiche Tipps zur Esskultur und noch mehr Rezepte für Dampfgegartes, Roh- und Dicksäfte.
Das fünfte Kapitel über die Haupttherapie mit Homöopathie ist den Darmnosoden gewidmet, der miasmatischen, konstitutionellen und/oder organotropen Behandlung von Adipositas, Anorexie und Bulimie und der Behandlung der Frühzeichen von Unter- und Übergewicht. Unter der jeweiligen Form der Ernährungsstörung wird ausführlich eine ausgewählte Reihe von homöopathischen Arzneimitteln besprochen. Es folgen im sechsten Kapitel mehrere aufschlussreiche Fallberichte und im Anhang eine Tabelle zur kinesiologischen Balance zu Über- und Untergewicht.
Rosina Sonnenschmidt ist eine überzeugte Verfechterin des ganzheitlichen Heilansatzes. Sie begreift sich als Teamarbeiterin, die
keinen Anspruch auf die Überlegenheit einer oder gar „ihrer“ Methode erhebt. Mit ihrer jahrzehntelangen Erfahrung, ihrer aufgeschlossenen Denkweise, ihrer Sensitivität beim Umgang mit Menschen und einer Portion Demut macht Rosina Sonnenschmidt allen ernährungsgeschädigten Menschen Mut, ihr Problem in den Griff zu bekommen. |
